Das Malen ist für mich ein Zustand der Reflexion über das menschliche Dasein.
Der kreative Prozess – eine Reise mit unbekanntem Ausgang. Der Beginn: eine Farbe, eine Farbbahn, die der Leinwand eine Spur meines Weges einprägen. Hier kondensieren Farben und Formen, die dann selbst zum Ausgangspunkt einer nächsten Phase der Bildentstehung werden. Dies ist die formale Seite des kreativen Prozesses, der sich, geleitet durch meine thematischen Vorgaben, entwickelt: Die Auseinandersetzung mit Zeit, Bewusstsein, Erinnerung und gesellschaftlicher Realität.
Die Arbeit an einem Bild ist so auch immer die Erforschung und Untersuchung der Spuren, die – nicht nur visuelle – Alltagserfahrung in dem Bild hinterlassen. Das Bild wird zum Mittel und zum Gegenstand der Reflexion über die Welt, die meine Wahrnehmung umschließt. Dabei will ich keine Geschichten erzählen. Vielmehr handelt es sich um das Ausloten, die Aktivierung und Mobilisierung von Sehen und Denken. Es geht um Potentiale und Impulse, die den Betrachtern den Zugang öffnen zur Gewahrwerdung des Latenten, zu kulturell und biographisch geprägten Erinnerungsfragmenten, die ihre individuelle Erfahrung des Gemäldes wachruft.
Beim Akt des Malens geht es somit um die Strukturierung von Farb- und Formbeziehungen, d. h. auch um die Strukturierung des Sehvorganges selbst.
Dabei bringt die abstrakte Darstellung einen Grad von Vieldeutigkeit mit sich, der die Betrachter als Akteure für die Erschließung der Bildaussage herausfordert. So werden die Bilder zum Spiegel - eine Aufforderung zur Mobilisierung des Subjektiven - die Einladung, über die eigene Wahrnehmung ins Gewahrsam zu kommen.
Der Werkkomplex der „kalligraphisch reduzierten“ Arbeiten ist dabei die Bündelung und konzentrierter Ausdruck des beim Malen erfahrenen „flow“: Es entsteht ein Raum für eine Phase der Kontemplation, dann höchste Spannkraft der beim Malen erzeugten Bewegungsimpulse. Der kreative Prozess und das auf der Leinwand hervorgebrachte Resultat sind Widerschein des ganz „Im Hier und Jetzt – Sein“, so wie der mit Bedacht ausgeführte Anschlag einer Glocke den Klang des Metalls schon in sich trägt.
Das Malen ist für mich das Freisetzen von Energie. Musik der Raum, in dem sich der Akt des Malens mit Rhythmus und Bewegung auflädt. Das Malen – ein pas de deux. Die Farbe ist das Medium, das meinem Erleben, meiner Wahrnehmung Gestalt gibt.
Das Bild wird zur Kraftquelle, die auf den Betrachter einwirkt und sich im Raum entfaltet.