Jazz und Zen-Buddhismus werden in der Mythologie der Beat-Generation seit langem in Verbindung gebracht. Dies wird besonders deutlich in den Romanen von Jack Kerouac und in der Dichtung von Gary Snyder. Aber kein uns bekannter bildender Künstler hat diese Elemente so erfolgreich zusammengefügt wie Lisa Lyskava, deren Ausstellung „Jazzing up“ im National Arts Club, 15 Gramercy Park South, bis 13. November zu sehen ist.
Lisa Lyskava, 1949 in Münster in Deutschland geboren, lebt und arbeitet in Deutschland und in New York. Jazzmusik ist ihre Inspiration. Beim Malen ist Jazz ihr ständiger Begleiter. Ihr motorischer Impetus und die Wahl der Farben sind durch die ansteckenden Rhythmen und Melodien dieser Musik inspiriert.
Erst unlängst hat ihre geistige Auseinandersetzung mit der Zen-Philosophie auch ihre Kunst beeinflusst. Während einige ihrer Kompositionen dicht strukturiert, farblich komplex und intensiv gebärdenhaft bleiben, sind andere reduziert und kalligraphisch. Obgleich sie in den neueren Gemälden gemäß dem Prinzip der „Leere“ im Zen auf rein weißem Untergrund arbeitet und ihre Kompositionen auf einige rasche gekonnte Pinselstriche beschränkt, scheut Lisa Lyskava nicht vor Farbe zurück wie die Kalligraphen des Zen in China und Japan Jahrhunderte lang zuvor.
Ganz im Gegenteil, sie zeigt ihre Meisterschaft als Coloristin auf mannigfaltige Art und Weise: mit jedem einzelnen Pinselstrich lässt sie den Glanz eines Regenbogens in vielfach abgestuften Farbtönen vor unseren Augen sich offenbaren.
Wie immer sind Lisa Lyskavas Farben frisch und überraschend. Sie bestehen häufig aus beeindruckenden Kompositionen von rosa, purpurroten, gelben, blauen, türkisfarbenen und violetten Farbklängen. Diese visuellen Erlebnisse erinnern mehr an musikalische Klänge als an gegenständliche Abbildungen von der Natur.
Gelegentlich setzt die Malerin sogar ein fluoreszierendes Orange ein. Dieses taucht so vorsätzlich unharmonisch auf wie ein plötzliches Quäken von Ornette Colemans Plastik- Saxophon, dies nur, um eine Komposition in Gang zu bringen.
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Und so bewahrt die Malerin eine Komposition davor, dass sie „zu schön“ wird.
Während der Pinsel das grundlegende Werkzeug der traditionellen buddhistischen Malerei ist, favorisiert Lisa Lyskava weiterhin Schwämme als ihre wichtigsten Werkzeuge für den Farbauftrag. Dies auch sogar in ihren mehr kalligraphischen Arbeiten, wobei sie große Meisterschaft in der Ausführung der Linie erreicht und den Vergleich mit den alten Zen-Meistern bravourös besteht.
In der Tat genügen auf Leinwänden wie „Nothing Else“, „ No Compromise“ und „Koudaroufa“ zwei oder drei hingeworfene Gesten, die sich auf einem rein weißen Grund begegnen und deutlich machen, dass in der Malerei wie im Jazz die Improvisation alles ist und die spontane Attitude „das Salz in der Suppe“.
Darüber hinaus erschafft Lisa Lyskava, inspiriert durch die Jazzsängerin Abbey Lincoln, z.B. in den Gemälden „Another World to Know“ und „Autumn Leaves“ auch Werke, in denen (z.B.) von Schwämmen abgerissene Stücke die haptische Wirkung der Gemäldeoberfläche noch verstärken.
Somit entstehen kontrastvoll gesättigte Farbfeldkompositionen, welche bemerkenswert für ihre sinfonische Fülle sind.
Ihre beiden deutlich unterschiedlichen Arbeitsweisen zeigen sich vorzüglich in dem Gemälde „Harlem Nights“, wo sich rhythmisch geführte Farbelemente von tiefem Purpur über leuchtenden Flächen von vibrierendem Rot und Neongelb mit einer Geschwindigkeit schlängeln, die wahrhaftig atemberaubend ist.
Lisa Lyskava kehrte kürzlich nach New York City zurück, nachdem sie sich zwei Jahre in Europa aufgehalten hatte. Diese hervorragende Soloausstellung ist ein großartiger Anlass zur Freude: Sie ist zurück in New York!
Andrew Margolis in GALLERY&STUDIO, New York, Nov-Dec 2006/Jan 2007 Übersetzung aus dem Amerikanischen: Helga Tebbe, Dortmund (Deutschland)